
Obdachlos - Abstieg ins Niemandsland
In diesem Blog beschreibe dir meinen Kampf ums Überleben, wie ich meine menschliche Würde zurückeroberte und neue Chancen für einen Neubeginn im Leben fand. Eines möchte ich vorwegschicken: Ich bin ganz klar nicht mehr obdachlos. Das heißt: Ich habe es geschafft! Die einzelnen Schritte, mit denen ich aus der Misere herausgekommen bin und welche Bedeutung diese Erfahrung in dieser krisenreichen Zeit - für uns alle, für dich, für mich, für alle - JETZT hat, das möchte ich dir hier berichten.
Wenn ich heute das Wort "obdachlos" denke oder gar ausspreche, läuft immer noch ein Schauer meinen Rücken hinunter. Ein Schauer der Wut, der Ohnmacht und der Schmach. Wie eine klebrige Masse verschmutzter Energieteilchen, die wie Pech und Schwefel kaum mehr herunterzukriegen sind. Kennst du das auch?
Diese Gefühle kommen aus meinen Erinnerungen vor mehr als 20 Jahren - damals, als ich mit diesen Energien in Berührung kam. In meinem persönlichen Leben. Hautnah und schicksalhaft lebensbestimmend.
Wie kam es überhaupt dazu?
Ich möchte kurz vorausschicken, dass ich bis zum Jahre 1999 - mit fast 53 Jahren - ein sozial und gesellschaftlich "normales, einwandfreies" Leben gelebt hatte. Ich bin in Deutschland geboren, habe in Heidelberg meine beruflichen Ausbildungen gemacht und als Sekretärin gearbeitet. Später habe ich mich dem spirituellen Bereich gewidmet - habe Ausbildungen zur Atemtherapeutin und Energie-Meisterin absolviert und dabei auch mein spirituelles Bewusstsein erweitert.
Im Jahre 1978 traf ich die kühne Entscheidung, Deutschland zu verlassen und mir in Spanien eine neue Existenz aufzubauen. Vier Jahre lang lebte ich in der Costa Blanca, habe interessante Menschen kennengelernt, Strickmode gefertigt und meine ersten spirituellen Schritte in einen neuen Berufsweg gewagt. Dann ging ich für einige Jahre nach Düsseldorf, um mich in Energiearbeit weiter ausbilden zu lassen. 1995 zog es mich dann wieder nach Spanien, dieses Mal in den Süden Andalusiens. Es war eine spannende Zeit, in der ich als Atemtherapeutin, Heilerin und spirituelle Lehrerin tätig war und wegen meiner medialen Fähigkeiten sogar im Fernsehen eine regelmäßige Sendung bekam.
Die komplette Wende in meinem Leben begann, als ich 1999 spontan und unerwartet meinen Spanien-Aufenthalt abgebrochen hatte und wieder in Heidelberg - meiner Heimatstadt - landete. Ich habe mich für diese Rückkehr entschieden, weil eine mafiaähnliche Organisation mich zur Mitarbeit zwingen wollte. Zuerst konnte ich dem Druck und den Drohungen dieser Menschen standhalten. Doch die Mobbing-Strategien belasteten auch meine Arbeit - was die Absicht dieser Menschen war, um mich wankelmütig zu machen. So zog ich mich für einige Monate einfach zurück. Bis ich endlich begriff, dass es zu gefährlich für mich war, länger in Spanien zu bleiben, unabhängig davon waren meine Ersparnisse inzwischen auch aufgebraucht.
So kehrte ich in meine Heimatstadt Heidelberg zurück, die ich vor 20 Jahren verlassen hatte. Ich hatte die Hoffnung, vorübergehend bei Freunden oder meiner Familie besuchsweise wohnen zu können, bis ich eine Arbeit gefunden hatte, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Warum ich nach meiner Ankunft in Heidelberg aber nirgendwo gelandet bin, sondern direkt vom Bahnhof ins Obdachlosenheim marschiert bin, werde ich dir jetzt erzählen. Ich berichte dir ebenso hautnah und ehrlich, was sich ab meiner Ankunft in Heidelberg so alles abgespielt hat.
Vielleicht kennst du solche "Geschichten" aus Filmen. In meinem Leben fühlte es sich zwischendurch auch manchmal so an, als wäre ich in einem schlechten Film, aber dem war leider nicht so: Es war ein ganz realer Albtraum, dessen Regieanweisungen ich in der Hauptrolle zu folgen gezwungen war. Das klingt nicht nur dramatisch - es war dramatisch, durch und durch.
Ich gebe dir meine Erfahrungen ehrlich wieder, wie ich sie erlebt habe. So nehme ich dich jetzt mit - in eine Reise meiner vergangenen Lebensgeschichte, die mehr als nur mein persönlicher Abstieg in die untersten Stufen der Gesellschaft war: Wie es ist, als unbescholtener Mensch von jetzt auf nachher wie ein gebrandmarkter Mensch abgestempelt, entmündigt und verachtet zu werden. Als nutzlos abgeschoben und ausgegrenzt zu werden.
Mich erinnerte das an die Juden im Nazideutschland, als sie einen Judenstern tragen mussten. Damit wurden sie abwertend klassifiziert, denunziert und vom normalen gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt. So fiel ich auch aus meinem bisher gültigen sozialen Netz durch und landete im Bodenlosen, haltlos und verzweifelt mit unzähligen Fragen, die mir niemand beantworten konnte.
Dieses gesamte Thema ist sehr komplex und zeigt sich mir heute im Nachhinein als eindeutige Folge des kollektiven 3D-Massenbewusstseins. Aber davon später mehr.
Bevor ich beginne, möchte ich gerne eines vorwegschicken: Ich bin ganz klar nicht mehr obdachlos. Das heißt: Ich habe es geschafft!
Und es geht mir generell nicht darum, dir mit meiner Geschichte mein Leid zu klagen, um Mitleid zu bekommen. Ganz bestimmt nicht. Es geht um viel mehr ... um sehr viel mehr. Deshalb höre dir meine Geschichte bis zum Ende. Und vor allem: WIE ich aus der damaligen Situation herausgekommen bin und welche grundsätzliche Bedeutung diese Erfahrung hat - für uns alle, für dich, für mich, für alle. Jetzt!
Welche Bedeutung meine Geschichte für uns alle hat
Ich berichte dir darüber, wie ich das Obdachlosen-Leben erlebte und wie ich diese unterste Stufe unserer Gesellschaft überwunden habe. Um diese Lebensphase für mich aufzuarbeiten, habe ich meine Erfahrungen in 10 Lebenslektionen zusammengefasst. So kann ich sie jederzeit in meinem Gedächtnis abrufen.
Drehen wir nun zuerst einmal die Uhr zurück bis ins Jahr 1999, als ich nach meiner spontanen Abreise aus Spanien nach 20 Jahren wieder in Heidelberg angekommen bin. Gleich nach der Ankunft landete ich völlig unerwartet in einem Niemandsland, in dem die Gesetze des normalen Lebens keine Gültigkeit mehr haben. Jenseits der sonst gültigen und scheinbar selbstverständlichen Normen unserer modernen, kultivierten und "auch so sozialen" Gesellschaft-
Es war im Juli 1999, als ich mit nur einem kleinen Koffer aus dem Ausland hier angekommen bin, um ganz von vorne neu anzufangen. In meiner eigenen Heimatstadt. Leider hatte ich kein Geld mehr für meinen Neustart und vor allem keine deutsche Meldeadresse in meinem Ausweis. Frühere Freunde oder gar meine Familie wollten nichts mit mir zu tun haben. Sie taten so, als kannten sie mich nicht mehr und gaben mir zu verstehen, dass ein leerer Geldbeutel wie eine ansteckende Krankheit ist. Sie wollten nichts mit mir zu tun haben, distanzierten sich aus Angst vor Ansteckung und ignorierten mich total.
So begann mein Dilemma mit der Obdachlosigkeit. Zuerst glaubte ich noch, dass ich wenigstens Sozialhilfe bekommen würde Aber ohne deutsche Meldeadresse gibt es keine Sozialhilfe. Die einzige Hilfe war ein neuer Status: Ich wurde in Deutschland "resozialisiert", so heißt das im Beamtendeutsch. Was bedeutet, dass damit mein Aufenthalt im Obdachlosenheim finanziert wurde.
1 1/2 Jahre lang dauerte mein Aufenthalt im Obdachlosenheim. das bedeutete neben diesem sozialen Abstieg, dass ich Tag für Tag mit Menschen unter einem Dach - demselben Obdach - zusammenlebte, die verwahrlost, alkohol- und drogenabhängig und menschlich sehr heruntergekommen waren. Das war schon eine riesengroße Herausforderung für mich, denn die Energien in solch einem Umfeld sind extrem niedrig, sehr magnetisch und wehren sich ungestüm gegen höhere Schwingungen.
Das war für mich besonders am Anfang ein großer Schock und hat mein gesamtes Selbstwertgefühl von Grund auf durcheinander geschüttelt. Um mich nicht weiteren Kontroversen oder Angriffen von Seiten der Heimbewohner auszusetzen, blieb mir gar nichts anderes übrig, als mich mehr oder weniger deren Habitus anzupassen.
Das wirkte sich wie von selbst auch auf die Körperhaltung aus. Denn, wer im Obdachlosenheim lebt, darf natürlich nicht aufrecht und selbstbewusst durch die Gänge laufen. Das ziemt sich nicht für eine Obdachlose. So habe ich mir angewöhnt, ein bisschen gebückt zu laufen und mit den Füßen den Gang entlang zu schlurfen. Meine hübschen Kleider, die ich mir in Spanien gekauft hatte, ließ ich allesamt los. Ich habe sie in der Kleiderkammer im Keller des Heims gegen alte Klamotten und Schuhe umgetauscht, um mich dem Stil des Hauses anzupassen. Dass die eine oder andere Sozialarbeiterin anschließend mit meinen Kleidungsstücken herumlief, habe ich still beobachtet und einfach weggesteckt.
Meine angepasste Lebensweise drückte sich auch in meiner Art zu sprechen aus. Ich lernte, mich so auzudrücken, wie Penner es tun. In einer groben Ausdrucksweise und im Dialekt. Natürlich lernte ich auch, wie die Berber der Straße", - so nennen sich die Penner - zu denken. Das Wirt "Penner" benutze ich absichtlich, denn man bezeichnete mich j auch als Pennerin, wie ein Beamter der Stadt Heidelberg mich einmal titulierte, als er erfuhr, dass ich jetzt erst mal im Obdachlosenheim leben würde.
Mich anzupassen war meine einzige Chance, um ein bisschen Kontakt zum Leben aufrecht zu erhalten. Leben in diesem sehr speziellen, isolierten Lebensraum der Obdachlosigkeit. Denn das normale gesellschaftliche Alltagsleben blieb mir versperrt. Schließlich wollte keiner etwas mit einer Obdachlosen zu tun haben, ich gehörte einfach nicht mehr dazu.
Einen Job zu finden, war aussichtslos. Wer stellte schon jemanden ein, der keinen festen Wohnsitz hat und keine Zeugnisse mehr vorweisen konnte, auch wenn ich erklärte, dass ich mich gerade in einer Resozialisierung befand. Wie die anderen Obdachlosen arbeitete ich nun sechs Stunden täglich in der Arbeitswerkstat, wofür ich 5 DM am Abend bekam. Mein Bett, mein Zimmer und mein Essen wurden vom Sozialamt finanziert. Für umsonst darf man schließlich nicht in dieser Herberge leben.
Irgendwann einmal, ziemlich am Anfang meines Aufenthaltes, musste ich schrecklich über das Leben und meine Hoffnungslosigkeit weinen. Als der Werkstattleiter mich so sah, rief er sofort die Sozialarbeiterin, die mir dann erklärte, dass man mich in die Psychiatrie einweisen würde, wenn ich den Aufenthalt im Heim nicht ertragen könnte. Das wäre dann mein neuer Lebensabschnitt gewesen.
So viel zum sozialen Miteinander und gegenseitigen Verständnis. Wie weit weg sind solche "Sozialarbeiter" überhaupt von der ursprünglichen Bedeutung des Wortes "sozial"? Bedeutet es doch generell "gemeinnützig, hilfsbereit und barmherzig". Weit gefehlt, wie so vieles.
So habe ich schlagartig aufgehört zu weinen. Ich lernte zu funktionieren, wie man es von mir erwartete. Aber in meinem Inneren habe ich niemals wirklich aufgegeben, auch wenn ich nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Dafür habe ich mich in meinem bisher gelebten Leben jahrzehntelang zuvor spirituell weit entwickelt, so dass meine erworbenen Erkenntnisse und Erfahrungen in meinem Inneren gut verankert und integriert waren. Mein inneres, geistiges Kapital, das mir keiner nehmen konnte und was sich von selbst verzinst, wie ich später erfahren durfte. Es war meine bisher erschaffene Überlebens-Versicherung.
Damals erklärte mir ein Mitarbeiter des Heims, dass ich bis an mein Lebensende im Heim bleiben würde. Mit meinen damals 52 Jahren erschien ich einfach zu alt, um auf dem freien Arbeitsmarkt neu starten zu können - mit oder ohne Geldmittel. Solche Aussagen entstammen einem begrenzten 3D-Bewusstsein, das sich nur an den bisher gegebenen materiellen Gegebenheiten orientiert und deshalb nicht über diesen Tellerrand hinausschaut oder -denkt.
Das waren innerhalb dieses 3D-Gedankenkäfigs keine rosigen Aussichten. Dass jedoch dieser begrenzte 3D-Raum nicht das Ende der Fahnenstange ist, durfte ich anschließend erleben. In meiner Not rief ich zu Gott: "Womit habe ich das hier verdient?" Die Antwort, die ich innerlich bekam, war: "Das hast du dir nicht verdient, es ist ein Geschenk des Kosmos." Na prima, dachte ich, wenigstens keine Sünde, die ich hier abbüßen musste. Das war der erste erhellende Moment in diesem Heim. Dann fragte ich weiter: "Und wie soll ich aus dem Schlamassel wieder herauskommen?" Die Antwort war: "Wie immer, einfach einen Fuß vor den anderen setzen."
So begann die erste Lektion meiner geistigen Schulung im Obdachlosenheim. Nach außen hin passte ich mich den Erwartungen des Heims an. Innerlich begann ich, mir ein neues, anderes Leben aufzubauen. Ein äußeres Leben, das zu meinem Inneren passt. So, wie es all die Jahrzehnte für mich gegolten hatte.
Fortan veränderte sich nicht nur meine Körperhaltung, besonders auch meine körperliche Gangart. Ich machte jeden Schritt ganz bewusst. Ich fühlte den Boden unter meinen Füßen und sagte mir, dies alles sei ein Geschenk und keine Strafe. Was für eine Erleichterung, was für eine Befreiung, was für Aussichten, aus dem 3D-Gefängnis wieder herauszukommen!
Allein schon diese Vorstellung machte mich glücklich, auch wenn ich das himmlische Geschenk meines Obdachlosendaseins noch nicht sehen konnte. So erlebte ich auf diese Weise, dass eine Veränderung zuerst im Geiste geschieht, bevor sie sich im Außen zeigen kann. Das war mir als grundsätzliches Schöpfungsprinzip bereits in früheren Jahren sehr bekannt. Jetzt durfte ich es in der extremsten Situation meiner Biografie erleben. Ganz konkret, angefangen in der untersten Etage des sozialen Gefüges.
So kam mein Selbstbewusstsein Stück für Stück wieder zurück und auch meine Selbstliebe. Zu lernen, einfach glücklich zu sein, auch wenn es keinen Grund dafür gab, war die zweite Lektion meiner geistigen Schulung.
Sechs Wochen später kam die Nachricht vom Arbeitsamt, dass mir ein Computertraining genehmigt wurde, ganztags für ein Jahr lang. Ich würde also vom Arbeitsamt eine Schulung genehmigt bekommen! Was für eine tolle Aussicht. Auch wenn mir dadurch die täglichen 5 Mark für die Arbeitstherapie fehlen würden. Einer meiner Berber-Freunde im Obdachlosenheim versprach, dass er mir ab jetzt das Essen von der Küche zurückstellen wollte, bis ich abends heimkam. So hatte ich wenigstens nach der Schule noch ein Abendessen.
Doch sogleich gab es das nächste Problem. Ich hatte keinen Computer, um die Hausaufgaben zu machen, weil mir das Obdachlosenheim keinen Computer zum Üben zur Verfügung stellte. Ich hätte zwar in die Werkstatt gehen können, um dort am Computer zu üben, aber die Werkstatt wurde geschlossen, noch bevor ich im Heim ankam. In der Schule wollte ich nicht offenbaren, dass ich in einem Obdachlosenheim lebte und kein Geld für einen Computer besaß. Diese Schmach wollte ich mir an dieser Stelle ersparen.
Das führte dazu, dass ich die Computer-Schulung nach vier Wochen wieder abbrechen musste, weil ich mit dem Unterricht nicht mitkam. Sollte ich weinen, fluchen oder sonst wie toben? Ich wusste, dass dies keinen Sinn haben würde. Als ich beim Arbeitsamt um einen Computer zum Üben nachfragte, wurde meine Bitte abgelehnt. Ein eigener Computer gehörte nicht zum Support der Ausbildung. Erstaunlicherweise nahm ich die Situation gelassen hin.
Das war die dritte Lektion meiner geistigen Entwicklung. Ich lernte, einfach gelassen zu bleiben, bis tief in den Urgrund meines Herzens. Zu Gott sagte ich: "Ich werde meine Lebensaufgaben hier im Heim erfüllen oder draußen im Leben. Was immer geschieht, ich werde lernen, innerlich in der Balance zu bleiben." Mein Aufenthalt sollte ja ein Geschenk des Himmels bleiben. Und alles, was aus dem Himmel kommt, hat mit Demütigungen nichts zu tun. Ein unverwechselbares Kennzeichen dieser höchsten Energien reiner Liebe.
Die Mitbewohner des Heims nahmen mich wieder freudig in der Arbeitstherapie auf. Sie sagten mir: dass sie ja gewusst hätten, dass ich wiederkomme. Wir seien doch eine große Familie. "Wir brauchen die "Scheiß-Bonzen" da draußen nicht!" sagten sie.
Diese Worte waren nett, aber kein wirklicher Trost für mich, schließlich wollte ich ja den Anschluss nach draußen wiederfinden. Das durfte ich aber nicht offen zugeben, sonst hätte ich die offenen Arme meiner Obdachlosen-Freunde verloren.
So vergingen die Monate, in denen ich wieder regelmäßig meditierte und dabei lernte, die innere Balance zu halten. Dann bot man mir im Heim an, dass ich eine Ausbildung zur Altenpflegerin im Heim machen könnte. Ich wäre dann für immer versorgt, denn das Altenheim gehörte wie das Obdachlosenheim zur Kirche.
"NEIN Danke" sagte ich bestimmt. "Ich bin Atemtherapeutin, ich will draußen in Freiheit ein neues Leben aufbauen." Meine Sozialarbeiterin schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Wie konnte ich eine so tolle Chance einfach ausschlagen! "Sie sind arrogant!" sagte sie. "Sie werden niemals mehr einen Job im normalen Leben finden oder selbst aufbauen können. Seien Sie doch realistisch. Mit 52 Jahren sind Sie einfach zu alt, um vermittelt zu werden." Die Angelegenheit mit dem fehlenden Computer und dass ich keine Meldeadresse im Ausweis hatte, wurde an dieser Stelle einfach ignoriert.
Ich hatte mir jedoch fest vorgenommen, dass ich mir selbst treu bleiben wollte. Diesen letzten Funken meines Wesens wollte ich nicht aufgeben. Um keinen Preis der Welt. Das bestätigte mir mein Inneres immer wieder, eindeutig und unmissverständlich. Und dies war die vierte Lektion meiner geistigen Schulung im Obdachlosenheim: authentisch sein und mir selbst treu bleiben. Und dabei weder weinen noch sonst einen Unmut offen zeigen, sondern einfach immer in der Balance bleiben - das war mein innerer Vorsatz. Und gleichzeitig mein innerer Kompass, um immer deutlicher wieder zurück zu mir zu finden. Zu mir selbst. Und um zu erleben und mir zu beweisen, dass ich mich im Grund nie verloren habe und nie verlieren konnte.
Von nun an ging ich jetzt öfter in den nahe gelegenen Wald und nahm Kontakt mit den Bäumen auf. Ich umarmte sie und erzählte ihnen von meinem Leben: Dass ich doch Heidelbergerin sei und wieder hier in meiner Heimat als freier Mensch leben wollte. Ich hatte sogar einen besonderen Baum entdeckt. Er wurde zu meinem besten Freund, den ich, so oft es ging, besuchte. Eines Tages sagte ich zu meinem Baum: "Bitte vernetze mich über deine Wurzeln wieder mit dem Leben, mit der Stadt und den Menschen, die hier leben. Vernetze mich mit allen Bäumen des Waldes und mit dieser Stadt." Und genau das machte auch mein Baum. Das war die fünfte Lektion meiner geistigen Schulung im Obdachlosenheim. Ich holte mir ungewöhnliche Hilfe aus der Natur ... und bekam sie.
Wenige Tage nach meinem intensiven Baum-Gespräch erlebte ich einen spannenden inneren Dialog. Eine wundervolle Wesenheit zeigte sich mir vor meinem geistigen Auge und sprach zu mir: "Du musst dich so hoch hinauf denken, wie du tief hinabgefallen bist." - "Wie bitte, ich bin doch ganz tief unten im Brunnen gelandet! Ohne Leiter nach oben gibt es keine Rückkehr und schon gar keinen Aufstieg nach ganz oben", sagte ich. "Wie soll ich mich einfach so hoch denken? Das geht doch nicht. Ich brauche zuerst eine Basis im Lebensalltag, von der aus ich starten kann. Ich brauche eine Leiter, um schrittweise aus dem Brunnen wieder hochzukommen. Und diese Leiter habe ich nicht."
"Du musst lernen, anders zu denken", sprach die wundervolle Wesenheit mit einer besänftigenden und ermutigenden Stimme zu mir. "Deine Gedanken sind schöpferisch. Denke dich einfach genauso hoch, wie du tief gefallen bist", wiederholte sie mit einer Engelsgeduld. "Alles klar. Ich werde mir eine Atempraxis in der Fußgängerzone in Heidelberg einrichten", kam es spontan aus meinem Mund. "So sei es!" sagte die Wesenheit und verschwand. Und hinterließ in mir ein Gefühl wundervoller Geborgenheit und Sicherheit, wie ich es in der letzten Zeit nirgendwo erlebt hatte. Und dieses Gefühl der Zuversicht und zärtlichen Gewissheit sprengte in mir viele meiner selbst auferlegten Schutzpanzer um mein Herz. Frühere, sehr vertraute Gefühle von Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung strömten durch mich hindurch und durchtränkten meine Erinnerung.
Dann meldete sich mein Verstand zurück: Eine Atempraxis am besten Platz der Stadt, ohne Geld, ohne Zeugnisse und ohne festen Wohnsitz. Wie soll das denn gehen? Das war jenseits aller menschlichen Vernunft. "Denke nicht wie ein Mensch", flüsterte mir die Wesenheit nachträglich ins Ohr. Das gab mir Mut, an meiner fantastischen Vision festzuhalten. Das war meine sechste Lektion der geistigen Schulung.
Von nun an lebte ich nur noch in dieser irdisch gesehen überdimensionalen Vision und ließ nichts anderes mehr an mich herankommen. Wenige Tage nach diesem Ereignis ging ich wieder zum Arbeitsamt und entdeckte dort am Computer eine Arbeitsstelle in der Universitätsverwaltung.
Es war genau dieselbe Stelle, die ich selbst mal vor 25 Jahren innehatte. Welch ein Zufall! Das gab mir Mut, einfach anzurufen. Man kannte mich noch gut und wenige Tage später wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die alten Kollegen freuten sich richtig, dass ich wiederkommen wollte. Meine Zeugnisse waren noch im Archiv, erklärte man mir. Dieses Problem hatte ich also nicht und meinen Obdachlosen-Aufenthalt verschwieg ich an dieser Stelle einfach.
Allerdings musste ich jetzt noch eine Computerprüfung machen, die ich eigentlich nicht schaffen konnte. Doch als ich im Großraumbüro vor dem Computer saß, wussten meine 10 Finger einfach intuitiv, was ich tun musste. Ich tippte etwas, ohne genau zu wissen, was ich da tippte. ES tippte quasi durch mich - und ich ließ es geschehen. Es war gigantisch! Ich wusste: Hier geschehen Dinge, die aus einer höheren Ordnung kamen. Deshalb ließ ich mich darauf ein ... und ich bestand diese Prüfung. Ohne entsprechende Vorkenntnisse.
Natürlich bekam ich diesen Job. Es war eine Halbtagsstelle als Verwaltungsangestellte - 2 1/2 Tage pro Woche - und das auf dem freien Arbeitsmarkt. Eine kleine Sozialwohnung stand mir ebenfalls zu. Ich war ja schließlich in einer Resozialisierung.
Von da an überschlugen sich die Ereignisse. Mir kam es so vor, als wenn ich in ein neues Lebensnetz eingewebt wurde. Da ich nun täglich durch die Fußgängerzone zu meiner Straßenbahn-Haltestelle ging, entdeckte ich zufällig am Anfang der Hauptstraße in Heidelberg eine therapeutische Gemeinschaftspraxis. Dort war ein Schild angebracht, dass sie einen Raum vermieten wollten. Ich erfuhr, dass dieser Raum für zwei Jahre frei sei, weil ein Therapeut sich eine Auszeit genommen hatte. Diesen Raum durfte ich dann auch sogleich anmieten, für zwei Tage pro Woche. Zum Glück war die Miete hierfür erschwinglich, so dass ich sie von meinem ersten Gehalt in der Uni bezahlen konnte.
Nun hatte ich tatsächlich meine Atem-Praxis in der Fußgängerzone in Heidelberg bekommen. Vor Freude weinte ich. Jetzt konnte mir keiner mehr das Weinen verbieten. Das war die siebte Lektion meiner geistigen Schulung, nämlich: fest daran zu glauben, dass sich meine Wünsche manifestieren werden.
Der Raum war klein aber sehr nett eingerichtet, mit Teppichboden, Tisch und zwei Sesseln, Massageliege und vielen CD`s mit CD Player. Ich konnte also sofort mit einer spirituellen Arbeit loslegen. Meine neuen Klienten bekam ich durch einen Vortrag, den ich bald darauf in der Stadtbücherei abhielt. Das Thema war: Die Kunst glücklich zu sein". Die Ankündigung hierfür habe ich selbst angefertigt und in einer Plastikhülle an verschiedene Bäumen in der Stadt angeheftet. Sogar einige Apotheken waren bereit, meine Ankündigung ins Schaufenster zu nehmen. So wurden die Leute auf meinen Vortrag aufmerksam. Es kamen sogar viele Leute zu meinem Vortrag, woraus sich auch neue Klienten für mich generierten.
Weil ich meine Obdachlosenerfahrungen aufschreiben wollte, kaufte ich mir sogar einen gebrauchten Computer. Dafür genügten meine bisherigen Computerkenntnisse ohne Weiteres. Eine neue Bekannte fragte mich, ob ich denn eine Literaturagentin für mein entstehendes Manuskript hätte. Natürlich hatte ich keine Literaturagentin. So schickte mir meine Bekannte einfach ihre Freundin, die Literaturagentin war und vor allem bereit, für mein Manuskript einen Verleger zu finden.
Und man kann es kaum glauben: Wenige Tage später rief sie mich an und sagte, sie hätte mein Manuskript bereits verkauft. Ich sollte 20.000 Euro bekommen, wenn das Manuskript fertig ist. Und als Vorschuss würde ich die Hälfte des Geldes sofort bekommen. Mir wurde schwindelig vor so viel unerwarteter Chancen. Der Verlag stellt mir sogar eine Ghostwriterin zur Verfügung, die von nun an einmal pro Woche aus München angereist kam und den Text mit mir durchsprach.
Weil das Buch ein Bestseller werde sollte, organisierte die Literaturagentin ein Interview für mich beim Süd-West-Deutschen Fernsehen. Die Sendung hießt: "Anstand, Fleiß und Ehrlichkeit: Sind das Werte, die heute noch zählen? Obwohl ich in der Uni noch in meiner Probezeit war, bin ich zu dieser Sendung hingegangen. Ich wusste innerlich, dass ich jetzt wahrhaftig bleiben musste. Dass ich mich einfach oute, egal, was dabei herauskommt. Es war eine spannende und erfolgreiche Sendung. Natürlich war ich dabei auch sehr aufgeregt. Nun würden es alle in Heidelberg wissen, wie ich die letzte 1 1/2 Jahre gelebt hatte.
Als ich anderntags ins Büro ging, war mein Chef bereits anwesend und forderte mich auf, in sein Büro zu kommen. Auf dem Weg dorthin fragte ich ihn geradeheraus, ob er meine Fernseh-Sendung gestern geschaut hatte. Seine Antwort war: "Das hätte ich nicht gedacht, dass Sie mal obdachlos waren". Und meine Antwort war: "Das hätte ich auch nicht gedacht". Damit war das Eis gebrochen. Ich brauchte nicht um meinen neuen Job zu zittern.
Das war die achte Lektion meiner Obdachlosen-Erfahrungen: wahrhaftig und authentisch zu bleiben und zudem mich mutig zu outen, ohne Scham und Angst vor Verlusten. Schließlich war es mein Leben und ich hatte ein Recht darauf, eigene Erfahrungen zu machen.
Mein neues Buch wurde am Ende leider nicht vom Verlag übernommen. Der Grund war, dass der Verlag verkauft wurde und der neue Verleger an meinem Werk kein Interesse fand. Als ich später meine Buchrechte zurückbekam, entschied ich mich, das Buch bei BOD im Eigenverlag zu veröffentlichen.
Drei Jahre lang blieb ich in der Universitätsverwaltung, dann kündigte ich meinen Job aus freien Stücken, weil ich mich zukünftig ganz meiner selbständigen Tätigkeit widmen wollte. Als meine neuen Freunde von meinem Entschluss erfuhren, dachten alle, ich sei verrückt geworden. Wie konnte ich in meiner Situation einfach einen sicheren Arbeitsplatz an den Nagel hängen und das für eine ungewisse selbständige Tätigkeit. Ja, nach menschlichem 3D-Ermessen war ich verrückt. Doch ich bin einfach meinem Herzen gefolgt und nicht meinem Verstand. Und das war die neunte Lektion meiner geistigen Schulung. Ich lernte, mein Herz als Wegweiser meines Lebens zu wählen und den Verstand nur für die ganz pragmatischen Dinge des Lebens einzusetzen.
Das alles ist nun schon 23 Jahre her. Und jede einzelne Erfahrung vom Bodensatz unseres gesellschaftlichen Sozialnetzes bis hoch zu meinem selbstbestimmten und selbstermächtigten Leben heute - jede einzelne dieser Erfahrungen war wertvoll. Das wird mir jeden Tag bewusst, wenn ich immer noch erfolgreich in meiner selbständigen Arbeit wirke. In Dankbarkeit und Demut, indem ich nichts für selbstverständlich halte und alles als Geschenk erachte. Als Bewusstseins-Coach für Mental Health, als spirituelle Lehrerin und Heilerin. Ich gebe meine Erfahrungen und meinen Wissensschatz meinen Klienten in Einzelsitzungen und Ausbildungen für deren optimale Weiterentwicklung und Lebensbewältigung weiter.
Gerade meine tiefen Erfahrungen im gesellschaftlichen Ghetto ploppen in der letzten Zeit immer häufiger wieder auf - im Zusammenhang mit der aktuellen Krise. Und die ist nicht nur in unserer Gesellschaft vorhanden, sondern weltweit!
Meine Obdachlosen-Zeit war wirklich ein Geschenk des Himmels - allerdings eingepackt in Prüfungen, die sich zuerst alles andere als vom Himmel geschickt anfühlten. Durch die Bewältigung dieser Prüfungen, konnte ich viele innere Begrenzungen loslassen und mein Bewusstsein weiterhin ausdehnen. Das war mein ultimatives Überlebensgeheimnis.
Wenn mir bewusst wird, dass ich nicht nur einen beruflichen Neustart von Null auf Hundert hingelegt habe, sondern aus dem tiefsten Schacht eines bodenlosen sozialen Abgrundes mich hochgearbeitet habe, überkommen mich heute immer noch große Gefühle der Dankbarkeit und des Staunens. Nie hätte ich vorher gedacht, dass so etwas möglich wäre und schon gar nicht in meinem eigenen Leben. Die Überwindung dieses Superspagats vom absoluten sozialen Abgrund bis hin zur gesellschaftlichen Etablierung gehören für mich zu den größten Erfolgserlebnissen meines Lebens. Wo die sichtbare Welt dir keine Hand reicht, greift die geistige Welt ein - wenn du sie darum bittest. Diese Grunderfahrung steht immer noch wie eine Überschrift über meinem Leben.
Solche und andere Lebensweisheiten und Erkenntnisse, die ich während meiner Zeit im Obdachlosenheim gewonnen habe, bilden die Grundlage meiner gesamten jetzigen beruflichen Tätigkeit.
Die Quintessenz meiner Erfahrungen bildet die Struktur in meinem eigenen selbst entwickelten Bewusstseins-Coaching. Was mir in der extremsten Lebensphase meines Lebens diente, stelle ich Menschen zur Verfügung, die sich ebenfalls in unüberwindbaren Lebenssituationen befinden. Und das kann heutzutage, in dieser krisenreichen Zeit, immer öfter geschehen, in jedem Lebensbereich. Manchmal schneller als man denkt. Mit und ohne Vorankündigung. Das betrifft inzwischen auch Menschen, die bisher sicher im Sattel der gesellschaftlich-sozialen Absicherung saßen.
Inzwischen bin ich 76 Jahre alt geworden. Nicht zu alt, um weitezuarbeiten, denn ich weiß, dass ich zeitlos bin und immer alle Kräfte und Weisheit zur Verfügung habe, um Herausforderungen zu meistern und meine Mission hier auf der Erde weiterhin zu erfüllen. Unbeirrbar, engagiert und aus meiner größten Herzensüberzeugung heraus.
Das ist meine zehnte Lektion, direkt aus meinen Lebenserfahrungen entstanden: "Ich in grenzenlos und lebe im Feld der unendlichen Möglichkeiten dieses Lebens." Genauso, wie es Albert Einstein einst sagte: "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind."
Das Niemandsland in der untersten Gesellschaftsschicht war ein Land, in dem ich lernte, über mich selbst hinaus zu wachsen: Die Scham zu überwinden, das gebrandmarkt Sein, die hämischen, abfälligen Blicke, das weggestoßen und ignoriert werden. Und über all dies erheben zu sein wie die Bäume, fest verankert in der Erde, über alles hinausragend und im innersten der Erde mit allen anderen Bäumen vernetzt zu sein.
Ich weiß jetzt, warum mich das Schicksal wieder zurück nach Heidelberg geführt hat. Und ich danke allen geistigen Wesen für diese wertvollen Lektionen, die mich zu der gemacht haben, die ich heute bin - auf meinem gesegneten Weg der Ganzwerdung.
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